10April
2014

Smog (雾霾)

Ein blöde Sache hat es hier - den Smog. Dass es in China Smog hat, ist jetzt nicht wirklich ganz überraschend, da dort ja auch schon vereinzelt in deutschen Medien drüber berichtet wurde. Ausserdem hat man sich ja auch schon ein wenig mit dem Land beschäftigt und war auch schonmal da. Aber das es jetzt doch so heftig ist, ist doch schon blöd.

Ich beschäftige mich mit China jetzt schon seit 1999 und bereise das Land seit 2001 mehr oder weniger regelmäßig mindestens einmal pro Jahr: Die Orte an denen ich mich hier aufgehalten habe, gingen sicher nie als Luftkurort durch, aber wie sich die Situation seit den letzten zwei Jahren zugespitzt hat, ist schon sehr bedenklich.Gott sei Dank sehen das die Chinesen auch so und alle sind total verwundert über die Lage. Nebel (雾) habe es ja immer schon gegeben, aber jetzt dieser Dunst (霾) dazu - der Chinese ist verstört. Eine Erklärung wie es zu der Zuspitzung der Lage kommen konnte, wird allgemein darin gesehen, dass es einfach in den letzten Jahren zu wenig Wind gegeben hat. Schließlich sind zuletzt ja auch die obligatorischen Sandstürme aus der Wüste Gobi (沙尘暴) im Frühjahr ausgefallen. Dafür hat's dann halt jetzt den Smog, aber die Regierung kümmert sich jetzt ja drum.

Aber jetzt mal wissenschaftlich betrachtet. Grund für den Smog in China sind natürlich nicht die ausbleibenden Winde, sondern Luftverschmutzung aus industrieller Fertigung, Stromerzeugung und Straßenverkehr. Eine besonders üble Rolle spielt dabei Kohle als fossiler Brennstoff. Im letzten Jahrzehnt hat China durchschnittlich zwei neue Kohlekraftwerke pro Woche gebaut - besonders der Norden China setzt auf Kohle als Energielieferant. Für uns ist das besonders tragisch, da die Provinz Hebei, die Tianjin umgibt, eines der größten Kohlebergbaugebiete in China ist. Quasi das Ruhrgebiet Chinas.

Die Luftverschmutzung verfolgen wir regelmäßig über Apps an unseren Handys - der Klassiker ist China AQI. Die App listet landesweit alle Meßstationen und errechnet den AQI (=Air Quality Index). Der AQI berücksichtigt verschiedene Arten von Luftverschmutzung wie Feinstaub, Ozon, Kohlendioxid, Schwefel etc., wichtet diese und weist dann eine Kennzahl aus.

Je nach Wert des AQI gibt es dann verschiedene Luftqualitäten - es gibt Excellent (Exzellent), Good (Gut), Slightly Polluted (Leicht verschmutzt), Moderately Polluted (Mäßig verschmutzt), Heavily Polluted (Stark verschmutzt), Unhealthy (Ungesund), Hazardous (Verseucht) und Beyond Index (Nicht mehr meßbar). Ab der Stufe Mäßig Verschmutzt gilt die Empfehlung Aktivitäten im Freien zu vermeiden (besonders für Kinder), bei allen darüberliegenden Stufen wird ausserdem noch das Tragen von Masken und das Einschalten von Luftreinigern empfohlen.

Der Unterschied zwischen stark verschmutzter  und guter Luft sind bei uns aus dem Küchenfenster schauend so aus (folgt sobald es mal wieder gute Luft gibt)

Wie bereits erwähnt sind wir leider in einer Umgebung die stärker von Luftverschmutzung betroffen ist. Unter den TOP10 Städten mit den höchsten durchschnittlichen AQI in China befinden sich allein 7 aus der Provinz Hebei. Tianjin steht auf Platz 23 und Peking auf Rang 27 von 193 gemessenen Städten in China.

Im März hatten wir jetzt rund 5 Tage mit starker Verschmutzung, heute war es im April der erste.

In den Medien präsent - sowohl in China als auch im Ausland - ist das Thema besonders seit der sog. "Aircopalypse" in Peking im Januar 2013 als sich dort der AQI über Wochen über 500 ("Beyond Index") bewegte. Die Feinstaubbelastung während dieser Zeit in Peking lag um 16% höher als in einer durchschnittlichen Raucherlounge in einem Flughafen. Das ist nicht schön.

Die Luftverschmutzung und besonders die Feinstaubbelastung äussert sich besonders in einer erhöhten Anfälligkeit für Herz-/Kreislauferkrankungen. Es gibt da zahlreiche Studien zu - so hat man rausgefunden, dass ein Nordchinese eine im Durschnitt 5,5 Jahre kürzere Lebenserwartung hat als ein Südchinese, da im Norden mehr mit Kohle geheizt wird. Die Fruchtbarkeit der Chinesischen Männer leidet unter der schlechten Luft und die Häufigkeit von Ambulanzbesuchen in den Kliniken ist an Smog Tagen deutlich erhöht.

Bisher zeigen weder wir noch die Kinder irgendwelchen akuten Reaktionen, aber insbesondere die Luftverschmutzung ist für mich ein klarer Beweggrund dafür, dass unser Aufenthalt hier ganz sicher nur befristet sein kann.