Berichte von 03/2014

24März
2014

Der Wohnblock (小区)

Der Wohnblock, in dem wir jetzt hausen, hört auf den schönen Namen Banjingwan ( 伴景湾) - was vermutlich für den Chinesen Assoziationen mit einer schönen, idyllischen Meereshalbbucht wecken soll. Das ganze Konstrukt besteht aus ca. 20 monströsen Hochhäusern. Wie schon erwähnt wohnen wir, in dem Gebäude 8 - Eingang 3 im 12 Stock. Hier rot umkreist:

Insgesamt hat unsere Haus 18 Stockwerke, wobei auf jeder Etage zwei Parteien wohnen. Rechnet man mit drei Bewohnern pro Partei, wohnen also in unserem Haus in etwa 108 Personen. In unserer gesamten idyllischen Halbbucht wären es dann in etwa 2.000 Leute. Denke es wird noch ein wenig dauern, bis wir die alle persönlich kennengelernt haben.

Bereits bei der ersten Wohnungsbesichtigung wurde das hervorragenden FengShui der Wohnung gepriesen, da wir in einem Mittelhaus wohnen und sämtliche Energieströme frei wo auch immer hin fließen können.

Schön an dem Block ist eigentlich, dass es quasi eine Hochparterre hat. Über dem Erdgeschoss in dem ein Parkhaus versteckt ist, befindet sich ein kleiner Park auf dem man spazieren kann und die Kinder laufen lassen kann, ohne dass man sich vor den vielen Autos Sorgen muss. Natürlich klingt das jetzt auch schöner als es eigentlich ist - der Park, wenn man ihn so nennen soll, ist natürlich wie das meiste auch hier dreckig und an vielen Ecken kaputt. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Dann besitzt unser Wohnblock noch einen schönen kleinen Laden, an dem man bis abends um halb elf noch Bier oder auch andere notwendige Kleinigkeiten des Lebens kaufen kann. Der obligatorische Rentnerertüchtigungspielplatz darf natürlich auch nicht fehlen.

Besonders beliebt ist bei Nelli und mir natürlich der Rückenschrubbler - eine Vorrichtung mit der man sich so richtig schön ausgiebig den Rücken schrubbeln und kratzen kann. Balu der Bär lässt grüßen.

Auch schön der "Am-Rad-Dreher":

Einen kleinen Spielplatz mit Rutschbahn, Wippe und Sandkasten gibt es auch. Ganz nett, aber natürlich bei weitem nicht so schön wie unsere Spielplätze in Deutschland. Aber da möchten wir uns jetzt nicht beschweren.

Hier noch ein paar mehr Impressionen aus unserem Wohnpark. Auf den Fotos sieht es eigentlich gar nicht so schlecht hier aus. Denke wir fühlen uns recht wohl hier bisher.

19März
2014

Die Wohnung (房子)

Unsere Wohnung haben wir - Gott sei Dank - schon im Dezember während meiner letzten Dienstreise hier klar gemacht. Ich möchte gar nicht daran denken, wenn wir bei der ganzen Eingewöhnung hier uns auch noch mit diesem Thema rumschlagen müssten.

Die Wohnung ist schön gelegen an einer der wenigen Grünflächen hier im TEDA und auch verkehrstechnisch praktisch zu unseren Werken hier. 

Vermietet wird die Wohnung von einer älteren chinesischen Dame, die mittlerweile die japanische Staatsangehörigkeit angenommen hat und nun auch vollständig nach Japan verzogen ist. Was auf jeden Fall sehr praktisch ist, da bekanntlich ein guter Vermieter ja ein Vermieter ist, der möglichst weit weg ist. Ohne die Wandlung der Dame zur Japanerin - die hat sogar ihren Namen geändert! - werten und verstehen zu wollen, profitieren wir jetzt doch von dem japanischen Einfluss insofern, dass die elektrischen Anlagen einen annehmbaren Stand haben und die Wohnung im großen und ganzen recht gepflegt ist. 

Zwischen der Vermieterin und uns hat sich noch eine Maklerin gezwängt. Ein junges Mädel namens Ting Ting, die von allen ausländischen Kollegen hier sehr geschätzt wird, da sie diese vor dem Wahnsinn des chinesischen Alltages bewahrt und sich für diese mit Sachen wie Telefon, Strom, Wasser, Internet, Fernsehen, Haushaltshilfe etc. rumschlägt. Uns lässt Ting Ting allerdings mehr oder weniger links liegen, vermutlich da wir ja zu 50% Chinesen sind und dann eh alles selbst organisieren können. Hält sie aber nicht davon ab jeden Monat 35EUR "Vertragsgebühr" zu kassieren.

Zurück zur Wohnung. Wir haben drei Zimmer, ein Wohnzimmer, eine Küche und zwei Bäder. Nach chinesischer Berechnung haben wir 160qm - da ist aber wohl Aufzug, Treppenhaus, Hauseingang bis wahrscheinlich zu den Pförtnertoiletten alles eingerechnet. 

Wie sich das für 50%ige Chinesen gehört spielt sich das Leben überwiegend in der Küche ab. Der Tisch ist ein wenig klein, wenn ein Familienüberfallkommando einfällt, aber im Alltagsbetrieb absolut ausreichend. Sämtlichen elektrischen Krims-Krams wie Mikrowelle, Reis- und Wasserkocher etc. hat uns die chinesische Japanerin da gelassen. Der Kühlschrank ist klasse - mit extra Gemüsestation - und absolut ausreichend. Blöd ist, dass da eine Gefriertruhe steht, die uns Platz wegnimmt. Aber wer weiß - haben ist ja bekanntlich besser als brauchen. Hab' ich zumindest bei den Badensern so gelernt. Backofen gibt es keinen und unser Geschirrspüler wird sehnsüchtig mit dem Überseecontainer erwartet. Ebenso wie die Kinderstühle für Tom und Nelly.

Das Wohnzimmer ist riesig und verfügt über zwei Highlights. Zum einen gibt es dort eine Sitzecke für eine japanische Teezeremonie, die die Kinder jetzt als Maltisch missbrauchen. Das ganze ist sehr klasse, da sich in die Aussparung in der Mitte der Schrank aus Toms Zimmer einsetzen lässt und dann eine flache Oberfläche entsteht, die als Bett verwendet werden kann. Japaner halt. Auch cool ist das Massageequipment, was die japanische Chinesin uns da gelassen hat - obwohl das für meinen Geschmack ein wenig zu brutal ist. Insbesondere der Rückenmassagegürtel drescht auf einen ein, dass man Angst haben kann innere Verletzungen zu erleiden. Mein Füße sind vermutlich für den Fußmassageapparat zu groß. Auf jeden Fall scheint meine Schwiegermutter an den Appartschaften aber Gefallen zu finden. Schön ist, dass man an den Fernseher einen Computer / Tablet anschließen kann, so dass man wie zu Hause abends Tagesthemen über das Internet schauen kann.

Die drei Schlafzimmer sind leider alle recht voll gestopft. Besonders in den Kinderzimmern sind die großen Betten für die Kinder echt doof. Wir haben jetzt Tom und Nelly in ein Zimmer gestopft und werden das Bett aus dem anderen Zimmer demontieren. Spätestens wenn die Tonnen an Spielsachen mit dem Schiff kommen, werden wir den Platz brauchen. In unserem Schlafzimmer hab' ich schon Platz geschaffen für ein Trimmrad, damit die Kondition nicht vollkommen zusammenbricht hier. Ein Laufband wollte ich dann der Mietpartei unter uns dann doch nicht zumuten - denke die sind mit unseren daueraktiven Kindern schon genug gestraft.

Highlight ist das Badezimmer in unserem Schlafzimmer. Ganz abgesehen davon, dass es extrem praktisch ist, ein Badezimmer im Schlafzimmer drin zu haben, verfügt der Raum auch noch über ein paar spezielle Features. Ein Highlight ist, dass man quasi überall im Raum duschen kann - also auch ausserhalb der Badewanne, da im Boden noch zwei Abflüsse eingelassen sind und es eine freistehende Brause gibt. Natürlich absolut verfürerisch für unseren jüngsten erst mal mit der freistehenden Brause in einem unbewachten Moment alles nass zu spritzen. Daraufhin haben wir den Hahn erstmal mit einem Paketband gesichert. Die Abflüsse hat Hui mittlerweile auch schon abgeklebt, da es beim Anschalten der Dunstabzugshaube in der Küche aus den Abflüssen zu einer sehr störenden Geruchsentwicklung kommt. Muss man nicht verstehen, ist aber so. Tja und dann gibt es noch die Toilettenbrille mit der man sich den Hintern waschen kann. Das Gerät hat zwei Funktionen - eine Hinterwaschfunktion für alle und eine Vorderwaschfunktion nur für die Mädels. Wassertemperatur, Strahldruck lässt sich alles einstellen - es gibt sogar ein Massageprogram. Kommentar Nelly: "Das kitzelt!"

15März
2014

Die erste Woche (第一周)

Die erste Woche ist vorbei. Wir sind gut angekommen, der Flug war o.k, wir haben keine wichtigen Sachen vergessen (aber jede Menge Schrott mitgeschleppt) und - was am wichtigsten ist - keiner ist krank geworden. Vielleicht kurz zu den Highlights der Woche:

Erste Amtshandlung am Montag war ein Besuch in der Personal-/ Administrationsabteilung. Bei der danach angesetzten Gesundheitsuntersuchung wurden wir wieder nach Hause geschickt, da ich - wie immer - morgens mein Obst gegessen hatte. Zwar hatte meine chinesische Begleiterin mir noch am Freitag mitgegeben, "that we will have breakfast later" - allerdings hatte ich das eher als Einladung zum gemeinsamen Frühstück, denn als Aufforderung nüchtern (im Sinne von mit leeren Magen) zu erscheinen. Die Untersuchung hatten wir dann am Dienstag nachgeholt und diese Veranstaltung ist eigentlich schon ein Kapitel für sich wert: Untersucht wurden Blutdruck, EKG, Sehtest, Blutbild, Urin, Nieren und Thorax. Das ganze findet in etwa in einer Atmosphäre statt, die man sonst auf der Streithäusener Kirmes Samstags gegen drei Uhr morgens an der Theke antrifft. Nur das alle nüchtern sind und keine Musik läuft. Sinnlos sind die Untersuchungen auch, so wurde bei dem Sehtest auf meinen Hinweis hin, dass ich Kontaktlinsen trage, nur gefragt, ob ich den ohne die Kontaktlinsen die dritte Reihe lesen könnte. Auf mein Schulterzucken hin, wurde dann eine Sehstärke von 60% diagnostiziert! Besonders bekloppt ist, dass sämtliche Untersuchungen ja auch schon in Deutschland vor der Abreise gemacht werden mussten.Im wesentlichen geht es wahrscheinlich darum, dass keiner mit AIDS sich hier sesshaft macht. Nun gut - und ich hab jetzt innerhalb von drei Monaten zwei Röntgenbilder von meine Thorax machen lassen und die Bestätigung, dass bisher alles i.O. ist. Schaun' wir mal, wie das nach zwei Jahren China-Luft aussieht. 

Den Rest der Woche war noch langsames aufwärmen angesagt: Rechner einrichten, Telefone bändigen, Meet-n-Greet usw. Denke meine Planung werde ich die nächsten Tage abschließen und kann dann die Projektbeschreibungen vorstellen. 

In der Wohnung fühlen wir uns wohl und die Lage ist auch in Ordnung. Denke hier können wir es zwei Jahre aushalten.

Die Kinder haben mittlerweile die Zeitumstellung auch weitgehend überwunden, werden aber wahrscheinlich noch Zeit benötigen, sich auf den neuen Lebensstil hier einzufinden. In Deutschland waren beide gewohnt, mindestens 2-3 Stunden pro Tag an der frischen Luft zu verbringen. Besonders Nelly scheint das zu fehlen. Auch merkt man, dass sie ihre Freunde in Deutschland sehr vermisst und sich Sorgen macht, hier keinen Anschluss zu finden. Bei unserer Kleinen äußert sich das dann in aggressiven und fahrigem Verhalten wie gehabt. Von der Dynamik erinnert sie zuweilen an einen 200to Güterzug unter Volldampf mit der mentalen Ausgeglichenheit von Louis de Funes in seinen besten Zeiten. 

Allerdings haben wir als erste Amtshandlung direkt nach unserer Ankunft hier schon einen Kindergartenplatz festgemacht. Plan ist, dass Nelly dort ab übernächster Woche hingeht. Wir hoffen sehr, dass ein regelmäßiger Tagesablauf ihr dort gut tut. Von einem geregelten Tagesablauf sind wir im Moment auf jeden Fall noch weit entfernt.

Tom hatte deutlich mehr Probleme mit der Zeitumstellung. Es zeichnet sich aber schon ab, dass er sich hier als "everybodys darling" etablieren wird. Zumindest lassen entzückte Willensbekunden meist weiblicher chinesischer Passanten darauf schließen.

Ansonsten versuchen wir uns weiter hier einzurichten und die Gegend zu erkunden. Wichtig ist mir vor allem, dass wir eine Möglichkeit finden hier Sport zu machen.

Heute hatten wir den ersten Überfall der chinesischen Sippschaft hier. Haben wir aber auch gut überstanden.

In Kürze zu den einzelnen Themen mehr und auch ein paar Fotos.

15März
2014

Südkompass? (指南针)

Ich habe überlegt, wie ich den Blog nennen soll. Erste Ideen waren "Jens in China", "Crazy China" - aber irgendwie bin ich dann auf "Südkompass" gekommen. Ich denke, dieses Phänomen beschreibt ganz gut, was es eigentlich mit dieser China Sache auf sich hat und was uns vielleicht aucht jetzt hierhin getrieben hat. 

Befragt man WIKIPEDIA, dann ist ein Kompass "ein Instrument zur Bestimmung einer fest vorgegebenen Richtung, z. B. Himmelsrichtung, Navigations-Kurs, Peilrichtung". Kennt man ja so auch und ist nichts neues. In China kennt man den Kompass natürlich auch und zwar schon seit ähnlich langer Zeit wie wir in Europa - allerdings wird das ganze Ding hier halt andersrum betrieben. Die Nadel zeigt nämlich nach Süden. Da könnte man ja jetzt zu sagen, dass das nicht weiter schlimm sei - eben halt nur andersrum wie bei uns. 

Allerdings haben die Chinesen das ganze System dann weiter perfektioniert dahingehend, dass - da vier Himmelrichtungen Norden, Süden, Osten und Westen ja zu trivial wären - es eben in Endausbaustufen bis zu 48 Himmelsrichtungen in China gibt. Das ganze führt dann zu Erklärungen wie - ich zitiere Wikpedia wieder: "Entsprechend der Fünf-Elemente-Lehre ordnete man Holz dem Osten, Feuer dem Süden, Metall dem Westen und Wasser dem Norden zu (die Erde im Zentrum spielt hier keine Rolle). Danach unterscheidet man zwischen Yīn und Yáng. Diese Kombination ergibt die fehlenden acht Himmelsrichtungen, die nun jeweils mit (Yīn) oder gegen (Yáng) den Uhrzeigersinn in je 15° Abstand von der jeweiligen Haupthimmelsrichtung eingetragen wurden."

Der traditionelle chinesische Kompass sieht dann so aus:

Datei:China 24 cardinal directions.png

Womit es wieder gelungen wäre aus einer eigentlich ganz einfachen Sache etwas schrecklich kompliziertes zu machen!

Oft werde ich gefragt, warum ich überhaupt mal Chinesisch studiert habe. Ganz wahrscheinlich aus Planlosigkeit nach der Abitur- und Zivildienstzeit. Die Frage ist ja eigentlich auch viel eher, warum ich das Studium beendet habe. Und das sind eben solche Phänome wie der "Südkompass" zu nennen, die so herrlich absurd sind und das ganze Phänomen China einfach nicht langweilig werden lassen.

Schaun wir mal, was wir in den anstehenden Monaten hier noch so auftun werden.

14März
2014

Ab in den Osten

Mit Sack und Pack haben wir uns dann doch tatsächlich letzte Woche nach China abgemacht. Wie irgendwie alles passierte das dann auch wieder holterdiepolter. Wahrscheinlich liegt das an den Kindern, denn irgendwie kann ich mich daran erinnern, dass das Leben ohne die Rasselbande viel entspannter und organisierter ablief. Aber wie dem auch sei - wir sind jetzt hier und ich nehme mir fest vor, die Erfahrungen in den (geplanten) nächsten zwei Jahren für uns und die Nachwelt in blogform festzuhalten.

Ganz unbedarft sind wir ja nun wirklich auch nicht. Die Hälfte unserer Belegschaft besteht ja aus Chinesen. Hui ganz, die Kinder jeweils halb und ich bin volldeutsch - auf die Grundgesamtheit betrachtet sind wir 50% Chinesen. Obwohl ich bei Hui nach fast 15 Jahren in Deutschland auch schon sehr deutsche Wesenszüge erkennen kann. Auf der anderen Seite lässt sich bei mir wohl auch nach 15 Jahren Beschäftigung mit China schon der ein oder andere Einschlag erkennen. Zuwieviel Prozent wir genau chinesisch sind lässt sich wahrscheinlich gar nicht so exakt ausweisen, aber dafür sind wir ja jetzt zwei Jahre da, um u.a. diese Fragestellung weiter zu untersuchen.

Ich möchte mich ganz lieb bei meinen Eltern bedanken, die uns vor der Abreise so toll unterstützt haben. Genauso klasse natürlich auch, dass meine Schwiegermutter die ersten Tage mit uns in der neuen Wohnung verbringt und uns bei der Eingewöhnung hier unterstützt.

14März
2014

Bald geht es los

Dies ist der erste Eintrag in meinem neuen Blog. In Zukunft werde ich hier über meine Erlebnisse im Ausland berichten.