09April
2014

Totenfest (清明节)

Letztes Wochenende war ein gutes Wochenende - denn es war ein langes Wochenende. Beschert hat uns das ganze eine Veranstaltung mit dem schaurigen Namen "Totenfest" - in etwa vergleichbar mit unserem Allerheiligen. Am Totenfest gedenkt der Chinese gemeinhein seinen verstorbenen Vorfahren - meiner Beobachtung nach äußert sich dieses sodann in zwei Aktivitäten:

Zum einen sichtet man immer wieder Menschen, die am Straßenrand hocken und Papierbündel verbrennen. Bei dem Papier handelt es sich dann um sogenanntes Totengeld und man glaubt wohl, dass durch das Verbrennen des Totengeldes die Beträge den Verstorbenen zugehen, die damit im Jenseits dann eine Sause machen können. Wie eine Online Überweisung ins Nirvana. Wir haben das versucht Nelly zu erklären, aber ich glaub' die hat's nicht verstanden ("Was machen die da?", "Und warum?", "In echt, Mama?")

Zum anderen gibt es den Brauch des Grab-Fegens (扫墓) durch den uns dann auch meine Schwiegermutter verlustigt gegangen ist, da diese die Gelegenheit genutzt, sich nach getaner Grab-Fege-Arbeit zurück nach Peking abzusetzen. Ich glaub' ich habe jetzt schon mindestens drei Anläufe unternommen, es auch einmal auf einen chinesischen Friedhof zu schaffen, aber bisher leider immer Erfolg. Dieses Mal lag es an den Kindern, dass wir nicht mit durften, da Kinder auf einem Friedhof ja schonmal gar nichts verloren haben.

Für uns war es dann auch die ersten Tage nach einem Monat in China, an denen wir zu viert hier klarkommen mussten. Geäußert hat sich das dann u.a. daran, dass wir die freien Tage konsequent draußen gegessen haben und die Küche mehr oder weniger komplett kalt geblieben ist.

Das wir dieses schöne lange Wochenende begehen konnten, verdanken wir übrigens einer grandiosen chinesischen Erfindung namens Daoxiu. Daoxiu ist klassen - denn Daoxiu sorgt dafür, dass Feiertage, die auf ein Wochenende fallen einfach umgelegt werden. In unserem Fall wäre das Totenfest nämlich Samstags gewesen, da das aber nach chinesischen Verständnis ungerecht ist, da die meisten Leute eh' Samstags frei haben, legt man einfach den entgangenen Feiertag auf einen nicht freien Tag - in unserem Fall den Montag. Auf welchen nicht freien Tag das Totenfest dann aber gelegt wird, scheint mir aber ziemlich willkürlich zu sein und von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich gehandelt zu werden. Was dann wieder zur Folge hat, das ein gewisses Durcheinander im Geschäftsleben entstehen kann - scheint aber nicht weiter aufzufallen und hat uns jetzt auch nicht gestört.

Dank Daoxiu und Totenfest konnten wir dann einige Wochenendaktivitäten begehen.

Den Samstag haben wir mehr oder weniger komplett in dem Sportartikel Supermarkt "Decathlon" verbracht, der unmittelbar neben unserem Wohnblock liegt. Hier verschlägt es uns öfters hin, da man anständige Kleidung und Spielsachen für die Kinder bekommen kann. Ausserdem kann Nelly da Fahrradfahren und Tom Bällen hinterherlaufen, was praktisch ist, da die sich dann zu Hause nicht die Köpfe einschlagen und randalieren. Der Grund warum es uns am Samstag dort zweimal hin verschlagen hat ist hier zu sehen:

Jetzt besitzt zwar jeder Zweig des Kohlhaas Clans in Deutschland seinen eigenen Crosstrainer, aber angesichts unserer Situation hier in China, scheint mir die Anschaffung für die nächsten zwei Jahre doch sehr lohnend.

Am Sonntag schlug dann überraschender ungeplanter Weise wieder Huis Verwandschaft zu. Hier in Tianjin gibt es eine nette Umschreibung für das ausufernder Beziehungsgepflecht von eigenen und angeheirateten Verwanden. Man spricht dann von den "7 Großen Tanten müttlericherseits und den 8 großen Tanten väterlicherseits" (七大姑八大姨). Das scheint eine besondere Redewendung hier in Tianjin zu sein und meine Kollegen bei der SEW lachen sich immer schäbelig, wenn ich damit anfange. Am Samstag war Laojiu (老舅)  - also der jüngste Bruder meiner Schwiegermutter - der Bösewicht. Kurzer Anruf am Samstag Morgen: "Seit ihr da?" "Ja" "Ok - Wir kommen". Der Schwimmengehplan war damit erledigt, aber es war auch so sehr nett. Laojiu und Laojiumu (=Frau des jüngsten Bruders der Schwiegermutter) hatten unmengen an Geschenken dabei und wir haben dann schick zum Essen eingeladen.

Später am Samstag Nachmittag waren wir dann noch im Tanggu Forest Park. Die Anreise dahin war eine Katastrophe, aber der Park war dann ganz nett. Da recht weitläufig gab es doch tatsächlich ein paar ruhige Ecken an denen man mit den Kindern Ball spielen konnte.

Everybodys Darling Tom wurde doch tatsächlich Opfer mehrfacher Paparazzi Attacken, was ihn aber scheinbar ziemlich kalt gelassen hat.

 

Nun ja. Denke es gibt wohl auch schlimmere Aussichten:

Am Sonntag waren wir dann noch schön schwimmen.

Ein schönes Wochenende, dem Totenfest und Daoxiu sei gedankt.